Mariazell war ein Pionierort für den Wintersport in Österreich. Die ersten Schi der Region hatte wohl der Volksschullehrer Alois Lux, der sich für die norwegischen Schischuhe bereits früh interessierte. Nachdem er in einer Zeitschrift einen Artikel mit dem Titel „Wolfsjagd auf Skiern“ las, war er wie angetan von den dort erwähnten Gleitschuhen, die er schließlich auch bestellte. Im Dezember des Jahres 1889 waren sie nach einer langen Wartezeit schließlich da, die ersten Schi im Mariazeller Land.
Bereits ab 1890 konnten somit in der Gegend des Wallfahrtsortes Schifahrer gesehen werden. Richtig organisiert und in großem Ausmaß begann die Zeit des alpinen Schilaufs aber erst mit Mathias Zdarsky. Den ersten Lehrgang, den Zdarsky in Mariazell durchführte, war der vom Alpen-Skiverein veranstaltete „Internationale Skikurs in Mariazell“, der im Dezember 1909 bis zu 140 Personen anzog. Im Jahre 1910 fand, abermals im Dezember, der „II. Internationale alpine Skikurs“ unter Führung von Mathias Zdarsky statt. 178 Kursteilnehmer erlernten am Köckensattel und Ochsenboden die Grundtechniken des neuen Sports. Die Kurse wurden in einen praktischen und einen theoretischen Teil unterteilt, wobei die Vorträge durch Bilder von Nikolaus Kuss unterstützt wurden. Der dritte Schikurs in Mariazell fand ein Jahr später statt, 164 Teilnehmer versuchten sich an Stemmbogen und Übungsläufen.
Besondere Bedeutung hat auch die Entwicklung des Militärschilaufs im Mariazeller Land, bei dem Zdarsky und Georg Bilgeri eine Vorreiterrolle einnahmen.
Der Vorarlberger Georg Bilgeri, ein Verfechter der Zweistocktechnik, begann wie Zdarsky bereits 1890 erste Erfahrungen im Schilauf zu sammeln. Er führte den Doppelstock ein, um den Aufstieg zu erleichtern. Berühmt wurde Bilgeri mit seinen Heeresskikursen, die auch in Mariazell abgehalten wurden. Dabei zerlegte er einzelne Bewegungen des Skifahrens in kleine Schritte und verwendete diese bei den „Heeresschnellkursen“.
Einer der bedeutendsten und einflussreichsten Vereine des Ortes, und ein wichtiger Teil der Mariazeller Sportgeschichte ist unbestritten der Wintersportverein Mariazell. Gegründet wurde der „WSV“ im November 1909 im Gasthof Moritz (heute Gasthof „Goldene Krone“). Der Verein ist damit der zweitälteste noch bestehende Wintersportverein der Steiermark. Erster Obmann wurde Stefan Moritz, als Skifahrwarte fungierten Karl Danzer und Franz Kuss, Rodelfahrwarte wurden Josef Kuss und Sepp Ritter. Das selbst gesteckte Ziel des Vereins war und ist „die Pflege des Wintersports energisch in die Hand zu nehmen“ .
Neben den Schikursen von Zdarsky und Bilgeri wurde besonders auch dem Rodel- und dem Bobsport besondere Aufmerksamkeit zuteil.
Die Hochblüte des Rodelsports in Mariazell gab es aber in den Jahren zwischen 1929 bis 1933. Bei den österreichischen Rodelmeisterschaften im Jahre 1929 konnte Elly Rabitsch den zweiten, Flora Lang und Richard Demel jeweils den dritten Rang erreichen. Der Doppelsitzer-Bewerb brachte durch Oskar Sampl und Ludwig Pingl sogar die Goldmedaille für den WSV. Drei Jahre später, bei den Steirischen Rodelmeisterschaften in Mariazell, konnte das erfolgreiche Doppelsitzerpaar einen weiteren Titel holen. Weitere Rodelveranstaltungen wie Frühlingsrodelrennen oder Jugendrodelrennen zogen unzählige begeisterte Sportler an.
Die ersten Versuche im Schisprung gab es auf einem improvisierten Sprunghügel auf der Feichteggeralm. Da dieser den immer höher werdenden Anforderungen bald nicht mehr genügte, wurde die Kreisgrabenschanze 1912 in der Nähe der Rasing gebaut. Sie hatte eine errechnete Weite von 50 Metern, der Schanzenrekord betrug 55 Meter. Die wagemutigen Springer bezwangen sie noch über Jahrzehnte hinweg.
Besonders beliebt war anno dazumal auch das Gasselschlittenfahren, Skijöring und Snörekjöring. Der Pferdesportklub und der WSV Mariazell organisierten auf einer eigens errichteten Rennbahn des Gutes Weißenbach in St. Sebastian derartige Pferdesportbewerbe. Das „Gassl“ beschreibt einen besonders leichten Schlitten der von einem Pferd gezogen wird. Beim Skijöring und Snörekjöring wird ein tollkühner Sportler auf Schiern direkt von einem Pferd gezogen. Später – im Jahre 1928 – richtete man solche Rennen im Rahmen von „Internationalen Sportwochen“ unter der Leitung des Wiener Trabrennvereines auch am Erlaufsee aus. Dabei gab es sogar Tribünen, ein eigenes Wettbüro, Konzerte am Rennplatz und noch viele andere Angebote.
Während der Verein zwischen 1939 und 1945 jegliche Aktivitäten beiseite legen musste, blühte der WSV danach wieder zu alter Größe auf. Die sportliche Wiedergeburt erfolgte früh: Bereits am 6. Jänner 1946 fand ein Skispringen auf der Kreisgrabenschanze statt. Dies war der Beginn zahlreicher Veranstaltungen wie der Steirische Jugendskitag, die Akademischen Skimeisterschaften, Nordische Skimeisterschaften, Skisprungbewerbe und Rodelrennen, die in den folgenden Jahren in Mariazell abgehalten wurden.
Quelle: Ranti Putanti 1 und 2 (Sportkapitel) - Nähere Informationen zu den Büchern erhalten Sie auf der Internetseite vom Mariazeller Heimathaus
100 Jahre WSV Mariazell
1909 bis 2009
Der Wintersportverein Mariazell feierte 100 Jahre
Vor 20 Jahren war die Berliner Mauer Geschichte und seit 100 Jahren schreibt der Wintersportverein Mariazell Geschichte. Was am 9.November 1909 mit der Gründung des WSV Mariazell begann, war der Grundstein für Wintersportaktivitäten im Mariazellerland die ihrer Zeit weit voraus waren. Mathias Zdarsky führte im Dezember 1909 Skikurse mit 140 Teilnehmern in Mariazell durch. Die Kreisgrabenschanze wurde 1912 gebaut - Schanzenrekord auf dieser Schanze - 55m. Dort gab es schon in den 50er Jahren ein Nachtspringen. Skijöring, Bobrennen, Eishockey, Gasslfahren, Rodelrennen, Abfahrtsläufe, Freestyle, Langlaufbewerbe… der Wintersportverein Mariazell hatte ein umfangreiches Betätigungsfeld.
Viele Gründe 100 Jahre Revue passieren zu lassen und das hundertjährige Bestehen des WSV Mariazell zu feiern. Somit fand genau am 100 Jahres-Tag der Gründung ein Festakt im Raiffeisensaal in Mariazell statt. 150 Gäste wurden vom ehemaligen Obmann Peter Kroneis durch die Geschichte des WSV geführt. Untermalt wurde die Schilderung mit beeindruckenden Fotos und Filmen aus der damaligen Zeit. Ex-Skirennläufer Franz Digruber vom WSV Mariazell schmückte mit Anekdoten aus seiner aktiven Zeit die Präsentation.
Auszeichnungen für besondere Verdienste im WSV Mariazell wurden vom Präsidenten des Steirischen Skiverbandes Helmuth Lexer und seinem Vize Hanspeter Brandl an BM Helmut Pertl, Ing. Erich Haring, Hans und Martha Abl, Ing. Rudolf Taibl, Klaus Kloepfer und Peter Kroneis überreicht. Weiteren Ehrenschutz hatte die Veranstaltung durch Superior P. Karl Schauer, dem Präsidenten der Sportunion Stefan Herker, BM Pertl, BM Seebacher und BM Fuchs.
Eine Abordung der Stadtkapelle Mariazell sorgte für die musikalische Umrahmung.
Die Geschicke des WSV Mariazell lenken seit 5 Jahren Obmann Mag. Wolfgang Brandecker und Schriftführer Fritz Sommerer mit einem tollen Team. Eine von Mag. Wolfgang Brandecker und Fritz Sommerer gestaltete Festschrift kann man hier dowloaden.